museumsart Kolumne

Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2007

Jede Wahrnehmung ist schon ein Urteil

15.04.2007

Über den Gebrauch der Wortes "wahr" in der Wissenschaft

Die Vokabel "wahr" sollten Wissenschaftler besser aus ihrem Sprachschatz streichen. Durch Messungen feststellbar ist nämlich nur, ob und inwieweit eine Vorhersage mit der Erfahrung übereinstimmt, was noch wenig über zukünftige Erfahrungen besagt, auf was Popper hinwies. Mehr ist nicht möglich. Und bei einer Theorie können wir nur feststellen, ob und in welchem Maße und innerhalb welcher Grenzen sie brauchbar ist. Die Vokabel "wahr" dagegen gehört für mich zur rein menschlichen Sphäre und bezeichnet die Übereinstimmung zwischen dem Gewussten und dem Gesagten.

Denn nur auf das Gewusste hin können wir Aussagen machen und Urteile fällen. Geistig können wir nur mit

dem Geistigen umgehen. Darum ist auch alle "Wahr-Nehmung" schon ein Urteilen aufgrund des vorhandenen Wissens und der Weltsicht. Ich muss schon wissen, was ein Haus charakterisiert, um etwas als Haus wahrnehmen und darauf bestehen zu können, dass es wahr ist, dass ich ein Haus sehe. Goethe in der Italienischen Reise: "So kann man sagen, dass wir schon bei jedem aufmerksamen Blick in die Welt theoretisieren."

Zum Weiterlesen:
Die Entschlüsselung des Gehirns, Kommentar zum SPIEGEL SPECIAL 4/2003

 

http://www.helmut-hille.de/anmerkungen.html#6

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