museumsart Kolumne
Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2006
Autismus als Forschungsgebiet III
15.08.2006
3. Die Wichtigkeit der sozialen Kompetenz
Aristoteles, der erste und größte aller Wissenschaftsphilosophen, nannte den Menschen ein "Zoon politicon", also ein Lebewesen, das in Gemeinschaft mit anderen existiert und das erst in ihr seine mentalen Fähigkeiten entwickeln kann. Sprache bedurfte zu ihrer Entstehung des Zuhörers. So leben Autisten, auch als Asperger und Savants, zwar unter uns, aber nur wenig mit uns. Die Daten sammelnde und verarbeitende Basis des Gehirns, die sich bei Savants besonders eindrucksvoll bemerkbar macht, lässt viele Gemeinsamkeiten des Gehirns mit dem Computer erkennen – aber der Savant in seiner Erscheinung macht eben auch deutlich, dass das, was das spezifisch Menschliche ausmacht und ohne das wir nicht überleben können: die soziale Kompetenz, erst oberhalb der von ihm beherrschten kognitiven Ebene entsteht, deren Existenz der Autist Einstein ein Leben lang leidenschaftlich bestritt.
Erst die Autismusforschung macht verständlich, warum es in seinen Augen keine Rolle des Beobachters geben konnte. Auch wenn Genies uns noch so faszinieren – so machen gerade sie, sowohl mit ihren positiven wie mit ihren negativen Besonderheiten, uns auf die große Bedeutung der friedlich machenden sozialen Fähigkeiten für das Leben und Überleben aufmerksam. Diese soziale Kompetenz ist es daher, die unsere größte Aufmerksamkeit verdient und die es zu entwickeln gilt. Das mechanisch abrufbare Wissen und das monotone Systematisieren können wir getrost den Computern überlassen. Aber an unserem Menschsein gilt es zu arbeiten, damit es zu einem friedvollen Miteinander kommt, auch mit der Natur, von der wir leben.