museumsart Kolumne
Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2008
Wie mächtig die Rolle des Beobachters ist
15.02.2008
Ganz allgemein gilt die durch die neuronale Forschung belegte Tatsache, dass die Einheit des Augenblicks bis zu 3 Sekunden beträgt, in der Eindrücke gesammelt, überlappt und durch das Gehirn zu einem einzigen Eindruck verbunden werden. Ohne die automatische Überlappung und Vergleichung nacheinander eintreffender Daten durch das Gedächtnis wüssten wir nichts von Zeit und Bewegung, hätten wir keine Wahrnehmung von Wörtern, Sätzen und Melodien, weil alle Laute, Töne, Zeichen und Bilder als Momentaufnahmen, wie bei einer Filmrolle mit ihren unzähligen Standbildern, nur unverbunden nacheinander registriert werden würden.
Erst ihre kontinuierliche Verbindung durch das Gedächtnis schafft jene zeitliche und bewegte Welt mit Sprache und Musik die wir kennen und in der wir uns orientieren. Wie die Dreidimensionalität aufgrund
zweier zwangsläufig zweidimensionaler Wahrnehmungen beim Sehen und Hören, ist sie also ein Konstrukt des Gehirns, das Filmemacher und Hersteller dreidimensionaler Illusionsbilder zu nutzen wissen! Wer das versteht, - und jedermann kann dies nachvollziehen! - versteht wie mächtig die Rolle des Beobachters ist. Ohne ihre Berücksichtigung bleibt alles Wissen vorläufig. Philosophisch ist dies das Problem von Schein und Sein, wobei der Schein immer auf der Seite des Beobachters steht - ist er doch dessen Ursache - und nicht auf der Seite der Welt, wie indische Religionen lehren, die jedoch immerhin Sein und Schein zu unterscheiden wissen, eine Differenz, mit der Westler sich weiterhin schwer tun.