museumsart Kolumne
Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2008
Physikalische Größen sind keine physikalischen Gegenstände
15.04.2008
Was ist nun die Zeit? Die Zeit ist einerseits unsere geistige Ordnung des Nacheinanders, andererseits als physikalische Größe das Maß der Dauer, als die Differenz zweier Zeitpunkte, die uns durch Uhren gegeben werden, deren Gang dem internationalen Zeitnormal entspricht, so wie die Länge die Differenz zweier Raumpunkte auf einer genormten Skala ist. Uhren, Skalen und Instrumente messen nicht, sondern zeigen nur an. Messen dagegen ist ein kognitiver Akt quantitativen Wissensgewinn durch Inbezugsetzens einer unbekannten Abmessung zu einer bekannten, weil vom Menschen definierten, wodurch auch die bisher unbekannte Abmessung bekannt wird. Es ist also höchst irreführend so zu sprechen, als würden Uhren und Instrumente messen.
Diese Rede ist nur ein Beispiel für die tiefe Bewusstlosigkeit des eigenen Tuns. Und es ist auch falsch so zu sprechen, als handle es sich bei physikalischen Größen, die ja rein geistiger Natur sind, um physikalische Gegenstände.
So ist zum Beispiel Energie keine Sache, sondern das Maß der Arbeit, die eine Sache leisten kann. Auch Masse ist keine Sache, sondern das Maß eines mechanischen Widerstands, genannt "Trägheit", aus dem wir auf die Menge der widerstehenden Materie schließen, die dazu selbst keineswegs weiter bekannt sein muss. Und ich bin mir sicher, dass es auch Raum und Zeit als physikalische Objekte nicht gibt, dass sie vielmehr Ordnungsschemata unseres Geistes sind, mit deren Hilfe wir uns orientieren. Wir orientieren uns nicht IN Raum und Zeit sondern MIT Raum und Zeit! Mehr ist nicht erweislich. Wir sollten daher aufhören, ganz naiv und schon mehr als laienhaft in einem späten Materialismus physikalische Größen für physikalische Gegenstände zu halten. Das hatte ja schon bei der Temperatur nicht funktioniert, als Chemiker nach dem Wärmestoff Phlogiston suchten, der für die Wärme verantwortlich wäre.
Die andauernde Suche nach dem Masse gebenden Higgsboson durch die Physiker ist das Phlogiston unserer Tage. Kein Wunder, dass man es wie dieses bisher hat nicht finden können.
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