museumsart Kolumne

Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2009

Falle Metaphorik

15.12.2009

Wenn in einem Schlagertext davon die Rede ist, dass der Mann im Mond den Liebenden zugesehen und die Hand gereicht hat, dann weiß jeder Zuhörer, dass dies metaphorisch, also bildlich gemeint ist, weil es 1. keinen Mann im Mond gibt, 2. der Mond auch selbst keine Arme und Hände hat und 3. überhaupt ein toter steinerner Himmelskörper ist, bar jeder Sinne, Gefühle, Absichten und Extremitäten. Mit einem solchen Lied sollen nur menschliche Gefühl ausgedrückt werden. Wenn jedoch Physiker, die eigentlich mit physikalischen Dingen vertraut sein sollten, eben solche Himmelskörper "ruhend" oder "bewegt" sehen und nennen, als hätten sie Bewegungsorgane, und je nachdem, ob sie sie gebrauchen oder nicht, daraus physikalische Schlussfolgerungen ziehen, dann haben sie für mich noch nicht gelernt, tote Objekte von lebendigen zu unterscheiden, was aber Voraussetzung ihrer Wissenschaft wäre. Während Menschen oder Tiere sich zu Lebzeiten tatsächlich objektiv bewegen können, weil sie sowohl Bewegungsorgane als auch Bewegungsabsichten haben und bei Ausführung ihrer Eigenbewegung feststellbar auch Energie verbrauchen, fehlen alle diese Merkmale natürlichen toten Dingen gänzlich.

Newton sagte daher in seinem 1. Axiom sachlich richtig, dass – ganz gleich, ob wir (tote) Körper in dem Zustand der Ruhe oder den der gleichförmig-geradlinigen Bewegung sehen – sie in beiden von uns gesehenen Zuständen lediglich verharren, und zwar solange, wie von außen keinen Kraft auf sie einwirkt.

Tote Objekte können also sich nicht von sich aus "bewegen" oder "ruhen", sondern reagieren lediglich bei äußeren Einwirkungen, während ihre sog. "Ruhe" oder "Bewegung" nur die metaphorische Beschreibung ihres Verhaltens in dem von einem Beobachter benutzten Bezugssystem ist, was für die Objekte selbst jedoch keinerlei Bedeutung hat, da dieser Bezug und die sich aus ihm ergebenden Zustände ja nur im Kopf des Beobachters existieren solange er sie beobachtet. "Ruhe" oder "Bewegung" toter Körper sollen also hier nur besagen, dass zu einem frei gewählten Bezugspunkt eine Ortsveränderung vorliegt oder nicht. Dass nun selbst in der Wissenschaft nicht sachlich korrekt von dieser einfachen Tatsache Ortsveränderung die Rede ist, sondern Physiker unreflektiert metaphorisch gemäß der am Lebendigen geübten Sehgewohnheit von "Ruhe" und "Bewegung" toter Dinge reden, als ob dies objektive Zustände von ihnen wären, ohne dass sie sich dieser Metaphorik bewusst sind, geschweige sie berücksichtigen oder besser gleich vermeiden, zeugt von einem tiefen Grundmangel ihrer Bildung und Ausbildung, wodurch sie die sachlich richtige Beschreibung physikalischer Vorgänge und ihrer Konsequenzen verfehlen, um die es ihnen doch gehen müsste.

Jene Metaphorik führt am meisten in die Irre, die man als solche nicht bemerkt. Wer also vom Schlager angeregt ernsthaft den Mann im Mond suchen würde, um ihm die Hand reichen zu können, kann daher lange suchen. Da wären dann selbst reichlich gespendete Forschungsgelder für seine "Forschung" nicht hilfreich. Für den forschen "Forscher" allerdings schon, hätte er dann doch für eine Zeitlang ein gutes Auskommen.

Helmut Hille

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