museumsart Kolumne
Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2010
Können Instrumente messen?
15.03.2010
Manchmal ist es notwendig, sich mit scheinbar ganz einfachen Fragen zu beschäftigen, um zu grundlegenden Einsichten zu kommen. So ist zum Beispiel auch in den Medien immer wieder die Rede davon, dass Uhren die Zeit messen. Doch die Zeit kann überhaupt nicht gemessen werden, ist sie doch das Maß des Messens, nämlich das der Dauer. Nur die kann gemessen werden! Und Maße müssen zuerst definiert und in Instrumente umgesetzt werden, damit man überhaupt etwas messen kann, denn alles Messen ist ein Vergleichen. Also muss es eine bekannte Vergleichseinheit geben. Maße sind so keine Frage der Wahrheit sondern der Gültigkeit anhand von nationalen und internationalen Normen, die zu ihrer Geltung der Vereinbarung bedürfen. Instrumente zeigen nur an. Erst der Mensch, der eine Anzeige, zumeist eine Zahl, abliest und sie dann geistig mit der Größeneinheit verbindet, welche zu der Zahl gehört, gewinnt auf diese Weise ein quantitatives Wissen, z.B. aus der Differenz zweier Raumpunkte das Wissen um eine Länge. In einer Uhr werden uns Maße jedoch nicht wie auf einem Maßband nebeneinander sondern hintereinander gegeben. (Dieser Unterschied von Raum und Zeit ist unaufhebbar.) Hier bedarf es zusätzlich also noch des menschlichen Gedächtnisses, um aus der Differenz von zwei hintereinander gegebenen Zeitpunkten die Dauer eines Ereignisses zu ermitteln. Die Uhr selbst weiß nichts von Differenzen. Sie läuft einfach weiter.
Es gehört zur menschlichen Betriebsblindheit, die eigene Rolle in den Erkenntnisvorgängen nicht wahrzunehmen. Im Alltag mag dies auch kaum von Bedeutung sein. Doch ein Wissenschaftler muss sich stets Rechenschaft über sein Tun und Reden ablegen, will er Wissen gewinnen und nicht nur eine Meinung haben und verbreiten. Redet er nur wie im Alltag üblich so daher, so mag zwar jeder glauben, ihn zu verstehen, doch eine Erweiterung des Denkhorizontes und des Wissens wird er damit nicht erreichen können. Gerade in einer Zeit, wo menschliches Handeln immer zerstörerischer in die Natur hineinwirkt, wäre eine Selbstbesinnung auf unser Tun und Denken lebenswichtig. Fangen wir also damit an, indem wir uns z.B. klar machen, dass wir immer selbst die Messenden sind und somit auch die Verantwortung für das Messen haben, wie wir überhaupt als Menschheit mehr Verantwortung zeigen müssen, wollen wir auf Dauer ein erträgliches Leben haben.
Helmut Hille
Zum Weiterlesen:
"Messen als Erkenntnisakt" auf WEGE DES DENKENS Datei I/A6