museumsart Kolumne
Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2010
Der Hund denkt mit
15.04.2010

Unter diesem Titel wird im Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft vom Herbst 2009 über die bisherigen Ergebnisse der Forschung zu "sozialen Erkenntnismöglichkeiten verschiedener Tierarten" berichtet. Dabei ging es vor allem darum herauszufinden, inwieweit sozial lebende Tiere menschliche Gesten und Wörter richtig zu deuten wissen. Dabei schnitten Hunde besonders gut ab, was man sich dadurch erklärt, dass es für sie "von Vorteil ist, sich besonders gut mit ihm (dem Menschen) zu verstehen", leben sie doch mit ihm in enger Gemeinschaft. Eine Versuchsanordnung war, ein "Leckerli" unter einer von zwei Bechern zu verstecken und mit dem Finger auf den Becher zu zeigen, unter dem das Leckerli zu finden ist. Während Affen darauf nicht reagierten, wussten die Hunde den Fingerzeig zumeist gleich richtig zu deuten. Dabei waren die Hunde nur zufällig in die Forschung mit einbezogen worden, weil beim vergeblichen Versuch mit Affen ein anwesender Doktorand bemerkte: "Mein Hund kann das aber." Es stellten sich dann noch weitere bemerkenswerte Ergebnisse mit Hunden heraus.
So gibt es den neunjährigen Border Collie "Rico", der "mehr als 200 verschiedene Spielzeuge anhand ihres Namens erkennen und zuordnen kann." Er brachte sogar ein Spielzeug, "dessen Namen er noch nie gehört hatte und das er auch nicht kannte", weil nur dieses es sein konnte. "Tatsächlich löste Rico auch diese Aufgabe auf Anhieb und wedelte damit ganz nebenbei eine weitere Alleinstellungstheorie vom Tisch. Denn auch diese Art, Begriffe zu lernen - das fast mapping -, galt bis dato als exklusive Fähigkeit des Menschen."
Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie selbstverständlich Forscher kognitive Fähigkeiten exklusiv beim Menschen sehen, als sei dessen Geist vom Himmel gefallen und nicht das Ergebnis einer langen Evolution der Lebewesen. Besonders Wissenschaftler neigen dazu, sich selbst zu überschätzen, Tiere aber zu unterschätzen – weil sie als zumeist Großstadtmenschen mit ihnen nicht vertraut sind. Da mussten schon Verhaltensforscher
wie Konrad Lorenz sich auf die kognitive Ebene von Graugänsen begeben, um ihre Sprache zu verstehen und mit ihnen sprechen zu können, wie es dem heiligen Franz nachgesagt wird. Es bedarf eben einer heiligen Einfalt oder Demut, um unseren Mitgeschöpfen gerecht zu werden. "Welpen aller Alterstufen nutzten die Zeigegeste als Hinweis auf das Futterversteck gleich gut und wählten den richtigen Becher aus", was für die Forscher in Leipzig als Hinweis gewertet wird, dass diese Fähigkeit angeboren ist.
Es ist erfreulich, dass man sich jetzt auch in der Wissenschaft bemüht, andere Lebewesen zu verstehen, während einfache Bürger, die mit Tieren zusammenleben, schon längst um deren Fähigkeiten wissen. Der Ursprung unserer Sprache ist die viel ehrlichere Körpersprache, die überall im Tierreich verstanden wird, so dass umgekehrt eine im TV gezeigte "Pferdeflüsterin" in einer Arena Pferde nach Belieben rein durch ihre Körpersprache in Richtung des Tieres dieses veranlassen konnte, schnell oder langsam links oder rechts herumzulaufen, stehen zu bleiben, zu flüchten oder zutraulich zu kommen. Aber auch das Abgeben von Reaktionslauten zählt für mich noch zur Körpersprache. Und auf der Körpersprache aufbauend haben sich durch Differenzierung der Laute bei Ausbildung eines geeigneten Sprechorgans die kognitiven Fähigkeiten des Menschen entwickelt.
Helmut Hille
Zum Weiterlesen:
(WEGE DES DENKENS), hier: Text III./1a "Die Generierung des Geistigen"
Nicht erst seit Loriot's "Sprechendem Hund" wissen wir die Intelligenz des Hundes zu schätzen: