museumsart Kolumne
Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2010
Was unser Gehirn über unsere Gedanken verrät
15.06.2010
Am 9. Mai 2007 veranstaltete die Gottlieb Daimler- und Karl Benz-Stiftung ihr 11. Berliner Kolloquium zu dem Thema: Gedankenforscher. Was unser Gehirn über unsere Gedanken verrät. Die Veranstaltung erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Bernstein Center for Computational Neuroscience Berlin und dem Universitätsklinikum Charité Berlin.
Meine spontane Überlegung dazu war: „Gedanken werden die Hirnforscher doch wohl nicht lesen können." Da hatte ich mich aber geirrt! Offensichtlich begleitend zu der Veranstaltung wurde im seinerzeit aktuellen Heft (1/2007) der MaxPlanckForschung in der Rubrik „Forschung aktuell" von einem Mitarbeiter des Berliner Bernstein Centers for Computational Neuroscience über „Gedankenlesen mit dem Tomografen" berichtet. Danach erfolgt dieses „Gedankenlesen" „in einem klar definierten Versuchsablauf", wodurch es den Forschern mit Hilfe der Magnetresonanz-Tomografie gelingt, „die Absichten ihrer Versuchspersonen schon im Voraus zu entschlüsseln". Dabei ging es aber lediglich um die Entscheidung der Testperson, ob sie zwei Zahlen addieren oder subtrahieren will.
Dazu hatten die Wissenschaftler zuvor festgestellt, „dass Intentionen nicht in einzelnen Nervenzellen gespeichert werden, sondern in einem räumlich verteilten Muster neuronaler Aktivitäten". Anhand des Musters der Gehirnaktivität in einem bestimmten Areal erkennen die Forscher, ob der Proband eine Addition oder Subtraktion plant. Es handelt sich hier also um eine Zwangsführung des Denkens mit zwei Alternativen, mehr nicht. Trotzdem betrug die Trefferquote nur 70%.
Erst recht werden dann freie Gedanken, so wenn ich überlege, was ich am heutigen Tag alles vorhabe, (erfreulicherweise) wohl nie auf diesem Weg aufgeklärt werden können, worauf sich mein Kurzkommentar „Gedanken werden die Hirnforscher doch wohl nicht lesen können" bezog. Durch sensationelle Aufmacher versuchen Forscher bzw. Presseabteilungen zuerst Aufmerksamkeit zu erregen und dann durch das Versprechen von weit in der Zukunft liegender eventuell brauchbarer Ergebnisse Forschungsgelder einzuwerben. So auch hier.
Helmut Hille