museumsart Kolumne

Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2012

Was ist Information?

15.11.2012

Wie es heißt, wären wir heute, dank des vielfältigen Medienangebots, insbesondere des Internets, wo man nach beliebigen Themen "googeln" kann, im Zeitalter der Information. Zugleich sehe ich uns aber auch im Zeitalter der Desinformation, weil so getan wird, als wären Texte und Bilder schon selbst die Information. Als Ende des 19. Jahrhunderts die Lochkarten aufkamen, sprach man richtigerweise noch von Datenverarbeitung. Heute hält man die Daten – codierte Löcher in einem Papiermedium, Buchstaben, Zeichen, Signale – schon für die Information. Man nehme aber nur den Text einer Sprache, die man nicht versteht – schon ist es mit der Information vorbei. Ist er wenigsten in lateinischer Schrift geschrieben, mag man als Westler noch einzelne Wörter erkennen und das Thema ahnen, aber bei arabischen oder chinesischen Schriftzeichen hört für Unkundige jede Information auf. Information ist eben nicht das, was man sieht und hört, sondern das, was man versteht, also das Geistige, das den hereinkommenden Daten Bedeutungen verleiht.

Ich habe einmal definiert: Information ist die plausibelste Deutung von Daten. Darum ist ja Schulung so wichtig, dass alle die gleiche Bedeutungen der Wörter  und Zeichen lernen, damit wir Menschen uns über das Elementare hinaus verständigen können. Auch Signale muss man als Signale erkennen und richtig lesen können, damit ein verlustloser Verkehr zu Lande, Luft und Wasser möglich ist. Reine Intuition, die nicht auf Wissen basiert, kann da nicht helfen.

In der Erkenntnis, dass wir geistig nur mit dem, was wir im Kopf haben, umgehen können, haben Physiker wie Carl Friedrich von Weizsäcker und Anton Zeilinger gefolgert, dass die Information das für ihre Wissenschaft Gegebene sei. Richtig ist, dass zwischen dem Objekt der Beschreibung und der Beschreibung des Objekts nicht unterschieden werden kann, gibt es doch keine außergeistige Urteilsinstanz. Wenn wir zusätzlich etwas prüfen und messen gewinnen wir nur ein weiteres Urteil - gemäß unserer geistigen Voraussetzungen.

Diese Situation ist nicht hintergehbar. Information ist  für uns Menschen Information über etwas, was nicht selbst Information ist (außer in der Informatik) - sonst wäre sie ja keine!

Es ist der alltägliche wie ideologische Materialismus, der das Geistige übersehend oder gar leugnend glaubt, die materiellen Zeichen wäre schon die Information, uns so vom Geist abschneidend, der aber gerade das ist, was unser Menschsein ausmacht. Materialisten wollen nicht nur vom heiligen Geist, sondern gleich vom Geistigen überhaupt nichts mehr wissen. Das ist ein gefährlicher Weg, an dessen Ende sich die Menschen selbst verlieren, nicht mehr wissend, wer sie sind. Hier kann insbesondere der Rückblick auf die Kultur- und Geistesgeschichte hilfreich sein, der zeigt, dass die menschliche Geschichte keineswegs nur die ihrer Produktionsmittel ist, wie die Marxisten lehren. Das ist eben auch nur ein Glaube wie jeder andere, wie aber überhaupt kein Glaube nur falsch ist, aber eben einseitig.

Ja gerade erbitterte Glaubenskämpfe und heftige Ideologiestreite zeigen, wie wir uns von Geistigen leiten lassen. Doch der "einzig wahre Glaube" ist schon ein Widerspruch in sich, denn glauben kann man Beliebiges. Der Glaube an den Besitz der einzigen Wahrheit, die alles zu rechtfertigen scheint, ist der Vater des Terrors, der Glaubenseifer seine Mutter. Da wird auf Dauer nur helfen, die Wahrheitsansprüche zu reduzieren, eingedenk dessen, dass alles Wissen und Urteilen nur Interpretation aufgrund individueller Voraussetzungen ist, Information eben als die für den Interpretierenden plausibelste Deutung von Daten.

Helmut Hille

Zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS, II. Die Hervorbringung des Menschlichen
Text (9) W. Dittrich "Das Natürliche des Nichtverstehens"

http://www.helmut-hille.de/dasnat.html

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