museumsart Kolumne

Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2014

Gedanken zur Sprache

15.08.2014

aus WEGE DES DENKENS Seite "Autor": So vor mich hin gesprochen

Selbst wenn wir Begriffe definieren, müssen wir doch mit Begriffen beginnen, die undefiniert sind.
So ist die Unschärfe von Anfang an in unserem Denken.

Bedeutungen sind das Blut der Sprache. Ohne die von ihr transportierten Bedeutungen bleibt Sprache leer.
Genauso Information: Information ist immer Information über etwas - sonst ist sie keine.

Der Philosoph arbeitet am Begriff und am Argument, der Dichter an der Sprache. Während der Philosoph dem Leser nicht ersparen kann, an seinen Mühen teilzunehmen, erhebt ihn der Dichter sinnstiftend aus den Plagen seines Tagwerks. Darum erscheint er dem Philosophen so überlegen.

Schiller an "Goethen": »Soviel ist indes gewiss, der Dichter ist der einzige wahre Mensch, und der beste Philosoph ist nur eine Karikatur gegen ihn.«

Freilich, gegen Goethe sieht jeder schwach aus. Trotzdem: wer als "Philosoph" mehr mit der Sprache spielt oder in Sprache schwelgt statt an den Begriffen und den Argumenten zu arbeiten und Sachverhalte zu klären, muss sich sagen lassen, dass er seine Aufgabe verfehlt hat, seien seine Sätze auch noch so brillant.

Der Weg des Geistes ist es, Unterscheidungen zu treffen. Er ist es, der die Menschheit aus dumpfer Verständnislosigkeit zu geistiger Klarheit geführt hat, die aber auch immer wieder verloren gehen kann, wenn sie nicht gepflegt wird.

Oder wenn man in seinem Materialismus Geistiges sogar verachtet: Graf Hermann Keyserling, Kulturphilosoph: »Eine den Geist verachtende Welt wird real geistlos.«

Ohne Geist glotzt man nur verständnislos auf die Phänomene.

Wo das Geistige nicht geachtet und beachtet wird, achtet man auch nicht auf die Sprache.

Peter Janisch: »Sprachvergessenheit ist zum Kennzeichen der Naturwissenschaften geworden.«

Aller geistige Niedergang zeigt sich zuerst am falschen Gebrauch der Begriffe.

Ingeborg Bachmann: »Die Wahrheit ist in der richtigen Verwendung der Sprache zu finden.«


Helmut Hille

Zum Weiterlesen
WEGE DES DENKENS / III. Die Hervorbringung des Menschlichen
Texte zur Biologie, Evolution und Ethik
Text III/10 Herrschaft durch Sprache

http://www.helmut-hille.de/sprache.html

Ausgezeichnet.org