museumsart Kolumne
Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2017
Engel – Boten des Unbewussten
15.01.2017
Ein Beispiel für Neurotheologie
"Es denkt, sollte man sagen, so wie man sagt: es blitzt." (Georg Christoph Lichtenberg, 1742 – 1799, Mathematiker und erster deutscher Professor für Experimentalphysik im Zeitalter der Aufklärung). Ideen, Formulierungen und Urteile tauchen unvermittelt "blitzartig" aus dem Unbewussten auf. Wir nennen sie Intuitionen. Intuitionen sind die Botschaften des Unbewussten. Und dieses Unbewusste ist unser eigentliches verborgenes Selbst, das sich das Bewusstsein zu seiner Kontrolle hält. Aber das Bewusstsein weiß in der Regel davon nichts und hält sich fälschlich für souverän. Das geht soweit, dass bei Entscheidungen des Unbewussten, wenn sie bemerkt werden, sich Menschen als fremdgesteuert empfinden, woraus sich für sie das Problem der Willensfreiheit ergibt. Doch: "das Geheimnis der Freiheit ist der Mut." (Perikles) Unbewusstes (Unterbewusstes) und Bewusstsein sind letztlich eins. Und indem wir das akzeptieren und mit dem Unbewussten zusammenarbeiten, wie das schöpferische Ingenien tun, entwickelt sich unser Geistesleben aus den Tiefen unseres Verständnisses.
So vorbereitet fangen wir an zu verstehen, was es mit den Engeln auf sich hat, die in den Religionen schon lange eine wichtige Rolle spielen, zumeist als Boten Gottes. Der hartnäckige Gottesgedanke ist dabei auch ein Produkt des Unbewussten, das die Welt rational verstehen will. Eine Schöpfung aus Nichts und durch nichts kann geistig nicht nachvollzogen, sondern nur geglaubt werden, wohl aber als Werk eines schöpferischen Gottes als Ursache von allem was existiert, wobei offen ist, wie wir uns das Göttliche
vorzustellen haben. Das zu analysieren gehört für mich zur Aufgabe der Philosophie, der sie bisher nur unzureichend nachgekommen ist. (s. hierzu die Sentenz vom Geheimnis der Geburt)
Wo man noch nichts vom Unbewussten weiß, werden Eingebungen als Werk fremder Mächte empfunden, die Menschen sowohl zum Guten, als auch zum Bösen verleiten wollen. Die Festigkeit im Glauben kann dabei helfen, dem Bösen zu widerstehen. Da ist dann die Idee des Engels als Überbringer göttlicher Botschaften willkommen. So hat man Gewissheit, auf Gott und seine Gebote zu hören.
Moderne Theologen sehen Engel so: "Der Engel kommt ins Sein mit seinem Auftrag, er vergeht mit der Erfüllung seines Auftrags, denn seine Existenz ist Botschaft." Das ist m.E. eine religiöse Umschreibung von Intuition. Aber wie alle Intuitionen sollten wir sie nicht ungeprüft lassen - das ist die Botschaft der Aufklärung. Aufklärung heute ist die Aufklärung der Beobachterrolle, damit wir nicht die Sklaven unserer Meinungen und Antriebe bleiben. Da souverän sein zu wollen ist der eigentliche Impetus des Philosophierens als das Ringen um die Freiheit des Geistes.
Helmut Hille
Zum Weiterlesen:
ZEIT UND SEIN
Erhellungen von Helmut Hille
Text [5] Intuition will bedacht sein. Parmenides weist den Weg