museumsart Kolumne

Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2017

Hat die Welt einen Anfang? (I)

15.08.2017

Probleme in der Wissenschaft sind oft genug die Probleme eines an die Fakten nicht angepassten Denkens. Es ist daher oft hilfreich, sich über seine Überzeugungen Klarheit zu verschaffen und sich zu fragen, wie begründet sie denn sind, und nicht, sie mit allen Mitteln rechtfertigen zu wollen, wie ich es gerade wieder erlebt habe.

Nicht nur für viele Physiker stellt sich die Frage "Urknall oder Schöpfung?", um eine Alternative zu den Lehren der christlichen Kirchen zu finden. Hierzu wird von den Medien gern Stephen Hawking bemüht, der aufgrund seiner Erkrankung (ASL) eigentlich gar nicht mehr in der Lage ist, sich differenziert zu äußern, dem dies jedoch wohl schon immer ein Anliegen war. Auf Kanal N24 konnte man am 27. Juni 2017 unter Berufung auf ihn eine ausführliche Darstellung einer atheistischen Sicht des Anfangs der Welt sehen. Die Sendung lief auf die Frage hinaus, ob der Urknall eine Ursache gehabt haben muss, was sie verneinte, weshalb das Gottesproblem gelöst wäre. Man bemühte dazu Einsteins Vorstellung der Zeit als einer realen Sache, die mit dem Urknall erst in die Welt gekommen wäre, weshalb es davor keine Zeit für einen Gott gegeben haben könne. Dasselbe wird vom Raum behauptet. Doch Raum ist gerade da, wo nichts ist, weshalb es absurd ist, von der Entstehung des Raumes zu sprechen. Den Raum als Objekt gibt es nicht, kann es nicht geben. Kognitiv ist der Raum die Ordnung des Neben-, Über- und Hintereinander, genannt die 3 Dimensionen, die menschlicher Geist zu unterscheiden vermag. Durch unser Erinnerungsvermögen, das abfolgende Zustände miteinander vergleicht, kommt noch die Zeit als die Ordnung des Nacheinanders als 4. Dimension hinzu. Doch außerhalb von Gehirnen gibt es nichts, was man die Zeit nennen könnte. Real ist nur die Gegenwart - und die ist zeitlos.

Abgesehen davon, dass hier gegen eine Gottesvorstellung angekämpft wurde, die für mich eher einem naiven Kinderglaube ähnelt, war die Sendung zugleich ein Kampf gegen die Grundlagen der ganzen Physik, nämlich dem Satz von der Erhaltung der Energie, weshalb jedes Ereignis eine Ursache haben muss. Wenn lt. Hawking schon der Urknall keiner

Ursache bedarf, dann ist die Berufung auf "Naturgesetze" für die Folgen wenig überzeugend. Die könnten dann erst recht keiner Ursache bedürfen, sondern einfach so geschehen.

Logisch richtig ist jedoch, dass zur Entstehung unseres Kosmos es ein Unerschaffenes  ohne Ursache gegeben haben muss, dass jedoch kein ursachenloses Ereignis gewesen sein kann, sondern ein Sein. Das ist der Ursprung des Gottesbegriffs, den unsere unbewusste Intelligenz fordert, weshalb er so hartnäckig ist. Die Idee Gottes ist also gerade kein Glaube sondern eine logische Bedingung von Existenz, unabhängig davon, wie Menschen sich Gott denken.

Stephen Hawking und seine Anhänger, die aus Scheu vor Gott nicht fragen dürfen, was vor dem Urknall war, versuchen den Urknall selbst als Gottesersatz zu etablieren, was aber nur unter der Verletzung des obersten Kriteriums der Physik, dem Erhaltungssatz der Energie, möglich ist, und sie somit ihrer Grundlage beraubt. Hier wird ersichtlich, dass es nicht um Wissenschaft geht, sondern um eine Überzeugung, wenn nicht gar um eine materialistische Ideologie, die mit allen Mitteln "bewiesen" werden soll. Wer Probleme durch Hypothesen "löst" hat das Problem, seine "Lösung" und deren Probleme - ganz massive sogar, wie man hier ersieht. Suchen wir also nach einem Ausweg. Das Rätsel des sog. "Urknalls" liegt auch hier, wie so oft in der Physik, in der richtigen Verwendung der Sprache und in der Erweiterung ihres Denkhorizonts.

(Fortsetzung folgt)


Helmut Hille

Zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS
II. Das Verhältnis von Denken und Sein
(II/5a) Parmenides im Klartext

http://www.helmut-hille.de/parmeni.html

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