museumsart Kolumne

Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2018

Goethes Gärten in Weimar (II)

15.04.2018

Auch nach seinem Umzug 1782 zum Haus am Frauenplan behielt Goethe sein "unteres Gärtchen" im Ilmtal bei, das er immer wiedermal tages- oder auch monatsweise bewohnte. "Die Schönheit des Ilmtals empfand er zu jeder Jahreszeit und genoß sie mit allen Sinnen." Goethes Sohn August (1789 – 1830) durfte darin später "ein eigens Gärtchen" bewirtschaften, wie auch Fritz von Stein, der 1788 ganz überrascht war, im Gartenhaus einem "kleinen korpulenten Frauenzimmer, welche auch daselbst zu Hause zu sein vermeint" zu begegnen. Es war Goethes spätere Frau Christiane Vulpius (1765 – 1816), die sich liebevoll um Haus und Garten kümmerte und die 1795 dem Wunsch des Großherzogs widerstand, das Goethische Anwesen zurückzukaufen, um es der Landschaft des Ilmtals einzufügen. So blieb es in Goethes Besitz.

Seine erste Begegnung mit seiner späteren Frau hat er 1813 rückblickend mit dem berühmten Gedicht "Gefunden" umschrieben: "Ich ging im Walde so für mich hin …", sie als "Blümlein" bezeichnend, dass er "zum Garten trug, am hübschen Haus." Gemeint war sein Gartenhaus. Anlass des Gedichts war der 25. Jahrestag der ersten Begegnung beider im Park an der Ilm in Weimar August 1788, die offensichtlich sehr nachhaltig war.

"Im Haus am Frauenplan wohnte Goethe zuerst zur Miete, bis Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 1792 das Anwesen erwarb und es 1794 seinem mittlerweile in den Adelsstand erhobenen Staatsminister Goethe schenkte. Erst als Eigentümer konnte Goethe das Gebäude nach seinen Entwürfen umbauen lassen und den Garten am Wohnhaus nach seinen Ideen gestalten." "Der Hausgarten wurde hauptsächlich von Goethes Frau Christiane betreut und diente vor allem der Versorgung des großen Haushaltes mit Obst und Gemüse. Um 1794 führte Goethe zeitweise botanische Versuche durch und bestellte dafür einige Beete nach pflanzensystematischen Gesichtspunkten. 1817 konnte die Gartenfläche durch Erwerb des sogenannten »Treuterschen Gartens« in östlicher Richtung erweitert werden. Mit diesem Kauf kam auch das Gartenhaus an der Ackerwand in Goethes Besitz, in dem er seine Mineraliensammlung unterbrachte. Der Garten entspricht heute dem Zustand der 1820er Jahre, wobei die früheren Gemüsebeete durch Rasenflächen ersetzt sind."

Es war nach 1795 Goethes Frau Christiane, deren Wirken bis zu ihrem Tode 1816 den Garten hinter dem Goethehaus prägte. Es gab ja auch zahlreiche Familienangehörige zu versorgen, wie Goethes Sohn August mit Frau und drei Kindern und die Dienstboten. So wurde viel Gemüse, auch seltenes, angebaut und immer wieder wurden Obstbäume gepflanzt wie Birnen, Feigen und Mandeln. Selbst Orangenbäumchen wuchsen in Kübeln. Wein natürlich sowieso. Auch Spargel und Erdbeeren durften nicht fehlen. Viel Sorgfalt und Zeit wurde auf das "Einmachen" der Früchte verwendet, so dass es eine vielseitige bürgerliche Küche auch in den Wintermonaten gab. Im Buch finden sich zum "Einmachen" damalige Rezepte.

Die Blumen waren den Rabatten um die Gemüseflächen und die Beete am Haus vorbehalten, soweit Obstbäume noch Platz freiließen." Goethe kümmerte sich aufmerksam um die Bepflanzung und Pflege des Hausgartens und genoss den Blumenschmuck. Aber auch neue Spargelbeete wurden angelegt und Weinstöcke gepflanzt. Dabei war er bemüht, möglichst viel selbst geernteten Samen zu verwenden. "Einen großen Teil der Pflanzen zog man, soweit sie nicht direkt ins Freiland ausgesät wurden, in eigenen Erdkasten heran."

Wegen der vielen Schatten werfenden Bäumen waren Staudengewächse beliebt, die Schatten vertragen. Bei aller Freude an Blumen und Pflanzen im Garten setzte Goethe bis an sein Lebensende auch immer wieder die botanischen Studien fort, z.B. über die Spiralität von rankenden Pflanzen. "Am 26. Februar 1832 diktierte Goethe seinem Gärtner genaue Anweisungen bezüglich der Frühjahrsarbeiten in beiden Gärten. Wenige Tage vorher, am 20. Februar, war er nochmals einige Stunden im ‚Garten am Stern' (dem ‚unteren Garten') gewesen. Die Früchte seiner letzten Fürsorge für die Gärten konnte Goethe nicht mehr genießen. Er starb am 22. März in seinem Haus am Frauenplan." "Nach dem Tod Walther von Goethes 1885 (dem ältesten der kinderlos gebliebenen Enkel) gingen Haus und Garten, an denen in den Jahrzehnten seit 1832 nichts verändert wurden, laut Testament in den Besitz des Großherzogtums über und wurden am 8. August 1885 zum "Goethe-Nationalmuseum" erklärt."

(Auszüge aus dem Buch "Goethes Gärten in Weimar" Edition Leipzig mit Genehmigung des Verlags.)

Glücklicher Fund
Da ich wissen wollte, welche Jahre die Aufzeichnungen betrafen, in denen der auch im Buch als Gartenbesucher erwähnte Johann Peter Eckermann die von ihm festgehaltenen Gespräche mit Goethe führte, schlug ich das Buch dazu auf (Brockhaus, Ausgabe 1949) und fand darin ein Kalenderblatt von 1955 mit einem Gedicht Goethes (ohne Titel, vielleicht Teil eines längeren Gedichts), das mich wohl auch damals schon sehr berührt hatte, weshalb ich es aufhob, und das mir heute besonders zu Goethes tiefer Verbundenheit mit seinen nach außen hin abgeschirmten Gärten passt, seinen Elysien, in denen er ganz bei sich selber war:

          "Ich weiß, dass mir nichts angehört,
          als der Gedanke, der ungestört
          aus meiner Seele will fließen,
          und jeder günstige Augenblick,
          den mich ein liebendes Geschick
          von Grund aus lässt genießen.
          Halte dich nur im Stillen rein
          und laß' es um dich wettern;
          je mehr du fühlst ein Mensch zu sein,
          desto ähnlicher bist du den Göttern."


Widmung
Diese Sentenz ist der Herausgeberin meiner Philosophischen Sentenzen Frau Ingrid Sandforth-Blanken, Bremen, gewidmet, der ich nicht nur die Anregung zu dieser Literaturform verdanke, sondern welche die Texte auch mehr als seit anderthalb Jahrzehnten unbeirrbar Monat für Monat als Kolumne auf ihrer wunderbaren Internetseite von Museumsrepliken veröffentlicht und sie darüber hinaus in Jahrgangsarchiven sammelt. Nochmals ganz, ganz herzlichen Dank!

Ihr Helmut Hille


Danke, lieber, sehr geschätzter Herr Hille!
Es ist mir eine große Freude, Ihre klugen Gedanken veröffentlichen zu dürfen!


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