museumsart Kolumne

Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2003

Clash of Civilizations?

15.05.2003

Was uns in der Gegenwart interessierte Kreise als "Kampf der Kulturen" oder auch als "Kampf gegen den Terrorismus" verkaufen möchten, sehe ich als einen Verschleierungsversuch amerikanischen Wirtschaftsimperialismus an.

Wohl aber gibt es einen weltweiten Kampf zwischen Kultur und Zivilisation, der jedoch hauptsächlich innerhalb von Staaten und Kulturkreisen stattfindet: der Kampf zwischen staatlicher und religiöser Macht, den wir schon zwischen den Pharaonen und ihren Priestern finden, man denke nur an Echnaton, und der in Europa als unendlicher Streit zwischen Kaiser und Papst bekannt ist und der mit der (immer noch nicht vollständigen) Trennung von Staat und Kirche ihren jetzigen Stand hat, wobei die Kirchen weiterhin versuchen, den säkularen Staat zu durchdringen.

Die Zivilisation gründet auf dem positiven nationalen und internationalen Recht, welche das Recht der Stärkeren abgelöst hat, woran sich die USA aber z.Zt. nicht halten. Die vom Glauben geprägte Kultur wird von Priestern geführt, die sich auf unhinterfragbare "ewige" Wahrheiten berufen und die sich deshalb an weltliche Wahrheiten nicht gebunden fühlen, auch da, wo sie ihnen zwangsweise zu folgen scheinen.

Angesichts immer größerer Zerstörungspotentiale kann der Frieden und damit die Zukunft der Menschheit aber nur durch die ausnahmslose Gültigkeit internationalen Rechts gesichert werden, mit einer starken UN als Vollzugsorgan. In dieser Entwicklung muss der persönliche Glaube, der ja niemand genommen werden soll, immer mehr zu einer Privatsache werden, mit einer eingeschränkten Erscheinung im öffentlichen Raum.

Also nicht die wirklichen Zivilisationen haben einen "Clash", wenn ihre Normen internationalen Regeln entsprechen, sondern nur jene "Kulturen", die ihre "Wahrheiten" als die einzig möglichen durchsetzen möchten. Oder eben jene, welche ihre Interessen im grossen Stil zu Lasten anderer verfolgen. Niemand aber, der nicht angegriffen wird, ist gezwungen Krieg zu führen, auch wenn seine Religion oder sein Fundamentalismus das zu rechtfertigen scheinen. Es ist immer die kriegslüsterne Gesinnung, die das tut, wobei ihr gleich ist, woher sie ihre Rechtfertigung nimmt (wie wir das gerade auch wieder erlebt haben).  

 

Zum Weiterlesen: "Geistige Grenzen überwinden – gerade in der Ethik" auf

http://www.helmut-hille-philosophie.de/ethik.html

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